Şanlıurfa

11.3. Die junge Kurdin von der Hotelrezeption trägt meinen Koffer so geschwind die steilen Treppen hoch, als wäre es ein Abendtäschchen. Wir wohnen in einem Hotel, das einst Anbau einer alten armenischen Kirche war. Unser Raum hat eine niedrige Gewölbedecke aus grob behauenen Steinen, es schläft sich gut darin. Allerdings nur mit Klimaanlage auf 26 Grad, Schnee und Regen wechseln sich ab. So hatte man sich das nicht vorgestellt und muss sich nach den milden Tagen in Antakya erst dran gewöhnen, wieder Berliner Winterkleidung zu tragen.

Hotelbereich

Zimmer

Vom Hotel aus einen steilen Weg hoch und man steht auf den Felsen der mehrstöckigen römischen Nekropole. Nur eine Seite des Hügels wurde bebaut und liegt sozusagen längs Seite an Seite mit den Knochen der alten Römer. Die 106 Grabkammern sind aber längst aufgebrochen, die Knochen verschwunden. Im archäologischen Museum findet man einige der antiken Türen, Grabbeigaben usw.

Nekropolis

Alle Busse führen zum Balikli Göl, so scheint es. Zum Karpfenteich des Propheten Abraham. König Nemrud wollte Abraham verbrennen, weil der die alten Götter nicht anerkannte, aber Gott verwandelte das Feuer in Wasser und die glühenden Holzscheite in Karpfen. So wurde Abraham gerettet, die Karpfen sind seitdem heilig, dürfen nicht gegessen werden, aber gern von den zahlreichen Pilgern und Touristen gefüttert. Eine Parkanlage schliesst sich an die heiligen Fischteiche an, die hoch bis zur Burganlage führen. Von dort hat man einen fantastischen Blick über die Stadt.

Im Teich die heiligen Karpfen

Der Basar ist riesig. Sehr besonders der Strassenzug voll mit traditionellen Handwerkern wie Schmiede, die an glühender Esse Äxte und landwirtschaftliche Geräte von Hand in Form bringen, und Tischlern, die Wiegen und hölzerne Küchengeräte schreinern. Stoff- und Schmuckgassen und natürlich immer wieder orientalische Köstlichkeiten, farbenfrohe Gewürze in grossen offenen Behältern, Früchte, Nüsse… alles, was das Herz begehrt, in überbordender Vielfalt. Das Publikum wohl überwiegend Araber, Frauen fast ausnahmslos mit Kopftuch, nicht wenige ganz verschleiert.

Endlos scheinende Menschenmengen

Knatternde Motorroller

Ein Schmied, der hier aussieht wie eine Museumsstatue

Alter Strassenhändler

Beim Fundamentaushub fürs archäologische Museum wurden so gut erhaltene Fussbodenmosaike römischer Villen in großer Anzahl gefunden, dass ein extra Museum darüber gebaut wurde. Über gläsernen Wegen kann der Besucher unter sich mythologische Darstellungen in Mosaikform bestaunen. Sie liegen dort schon seit fast 2000 Jahren.

Neues Dach über alten Böden

Detail

Detail mit Amazone

Übrigens gibt es in Antakya seit 2019 ein Museumshotel: Die dort entdeckten römischen und byzantinischen Mosaiken samt römischer Fussbodenheizung und öffentlichem Bad kann man ebenfalls auf gläsernen Wegen betrachten, darüber wurde eine Stahlkonstruktion errichtet, das Hotel liegt sozusagen eine Etage höher als geplant. Von allen Zimmern aus kann man auf die ausgegrabenen Relikte blicken. Fantastische Idee. Da mal einmieten!

Vom Zimmer aus auf die Reste des römischen Bads gucken

Mosaik aus byzantinischer Zeit, die Wellen entstanden durch Erdbeben

Schlange (gefährliches Gift, Gefahrenabwehr), Fuchs (anderer weltanschaulicher Zusammenhang als heute) und Kranich sind sehr häufige Motive auf den Stelen in Göbekli Tepe. Die Kranichbeine wurden anatomisch unkorrekt dargestellt, würden jedoch zu Menschenbeinen passen. Möglicherweise haben sich Menschen als Kraniche verkleidet, um den prachtvollen Tanz dieses Vogels aufzuführen. Vermutlich wurde Schamanismus betrieben, so nimmt der Archäologe Klaus Schmidt an.
Bitterkalter Wind, Schnee und Glätte empfängt uns auf den Ausgrabungsstätten, weshalb ich nur schnell eine Runde mit am Fotoapparat fast angefrorenem Finger machen kann. Das ist sehrsehr schade! Wir müssen nochmal herkommen und dann auch Karahan Tepe besichtigen. Dieser etwas später entdeckte Ort aus dem vorkeramischen Neolithikum ist vielleicht sogar noch älter und größer als Göbekli Tepe, jedoch bisher kaum ausgegraben.

Weite Berge rund um die Ausgrabungsstätte

Der grösste bisher ausgegrabene Bereich

Detail mit halbplastischer Figur im Hintergrund

Bilder im Kopf:
Ein Mann mit Hahn unterm Arm tritt telefonierend vor die Tür seines Hauses.
Zahlreiche kurdische wie Wüstenscheichs anmutende Männer, wettergegerbtes Gesicht, ums Haupt das „Palästinensertuch“ gewickelt und mit Hosenboden bis zur Kniekehle.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert