Pogallo

Es ist eigentlich schon etwas spät an diesem Tag, um von der Alpe Prà noch nach Pogallo zu wandern, aber der Hüttenbetreiber meint, es sei möglich, von dort zurück nach Cicogna müssten wir es schon schaffen vor Anbruch der Dunkelheit. Und weil uns das verlassene Bergdorf reizt und wir keine Lust haben, denselben Weg zurückzumachen, laufen wir gegen 15.30 Uhr los.


Ganz unten mitten im Talkessel der helle Fleck – Pogallo.

Von oben sieht das Dorf schnell erreichbar aus, aber für den Abstieg im Val Pogallo brauchen wir fast zwei Stunden, weil wir oft staunend verharren in der früher bewohnten wilden Landschaft, Infotafeln zu entziffern versuchen, Erfrischung an kleinen Wasserfällen finden, eine Menge Fotos machen.


Immer wieder Ruinen verlassener Viehwirtschaften.


Cappeletta di Cima Selva. Ab hier beginnt der Abstieg durch Birken- und Buchenwald.


Insgesamt drei Bergbäche sind zu überqueren.


Schon ziemlich nah am Dorf führt der Weg an offensichtlich künstlich geformten Abgrenzungen aus Pflanzen vorbei.


Ankunft in Pogallo.

Früher gab es hier eine Schule, einen Arzt und sogar eine Polizeistation, allerdings sucht man vergeblich nach einer Kirche. Um 1890 wurde von Pogallo aus aus intensive Holznutzung betrieben, hunderte von Arbeitern lebten in diesem Dorf. Während des 2. Weltkriegs war das Val Grande die Hochburg der Partisanenbewegung, nach dem Krieg verödeten die Dörfer im Tal.


Der Ort wirkt nicht wirklich unbewohnt. Viele Häuser sind in gutem Zustand, aufgehängte Wäsche und Solaranlagen zur Stromgewinnung zeugen von ihrer Nutzung, in der Ferne sind Stimmen zu hören. Wir folgen ihnen und finden drei Männer und eine Frau beim Kartenspiel an einem Steintisch.


Detail einer Hauswand.


Der Dorfbrunnen.


Am Dorfrand eine Madonna.


Ruinen eines grösseren Gebäudes.

Die Zeit drängt leider, es ist schon fast 18 Uhr und wir müssen ja noch nach Cicogna. Eine halbe Stunde verlieren wir obendrein wegen zunächst falscher Richtung, dafür finden wir einen phantastisch tief zwischen Felsen eingeschnittenen Wasserfall, die Fotos können das Naturspektakel nur unzureichend einfangen.
Fast zwei Stunden lang ist jetzt noch der Weg, den Saumpfad Sutermeister hoch und runter, hin und her verläuft er in 50-60 Meter Höhe über dem Rio Pogallo. Rauschende Wasserfälle, bröckelnde Stellen im schmalen Weg überm Abgrund, die Sonne sinkt immer tiefer, Gedenktafeln für verunglückte Bergsteiger, ich guck nur nach vorn auf den Weg, nicht rechts nicht links, umklammere die Wölbung des letzten Apfels in der Schultertasche vorm Bauch und beruhige dadurch meine Höhenangst. Gegen 20 Uhr sind wir in Cicognia.
Vielleicht führt mein Weg in diesem Leben noch einmal nach Pogallo. Ich hätte dort gern mehr gesehen.

3 Gedanken zu „Pogallo

  1. Aber der Weg zum nächsten Supermarkt ist wohl zu weit und anstrengend.

  2. REPLY:
    … mit Hühnern, Ziegen, Kuh könnte man dort durchaus (wenn man es kann), etwas bequemer als die früheren Bergbewohner sogar, denn die Solartechnik hat ja immerhin Einzug gehalten, ein Hubschrauber kann benötigte Dinge bringen, soll gar nicht so teuer sein. Natürlich romantisierend – bestimmt ein hartes Leben, Einsamkeit vor allem in den kalten Monaten schreckt eher ab, absolute Kommunikationslosigkeit, auch mit Handy kein Empfang … andererseits finden acht Sateliten das Tal (GPS), vielleicht lässt sich darüber Kontakt herstellen, ich bin da technisch ahnungslos.
    Auf jeden Fall kann man ja mal träumen…

  3. … wollten aber doch wohl lieber ganz weg. Und das mit mit Hubschreiber ist doch wohl eher was für reiche Aussteiger, wenn man sowieso dort schon kein Geld mit der Subsistenzwirtschaft verdienen kann.

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